Offener Brief an Google

Pseudonymität im Internet

Den netzpolitischen Dialog anregen, grundsätzliche Prinzipien des Internets überdenken – das ist mein Anliegen als liberaler Netzpolitiker und so verstehe ich auch mein Engagement als Mitglied der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“. Um eine ebensolche Diskussion anzuregen, habe ich auch den offenen Brief an Google mit unterzeichnet.

Die Forderung, Google solle bei seinem sozialen Netzwerk Google+ die Verwendung von Pseudonymen zulassen, ist für mich nach deutschem Recht eindeutig. Das Telemediengesetz (§ 13 Abs. 6 TMG) sagt, dass „die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen“ sei, „soweit dies technisch möglich und zumutbar ist.“ Dass Google keine technischen Probleme für die bisherige Pflicht, Klarnamen zu verwenden, aufführt, halte ich einfach mal für gegeben.

Für mich gilt der Grundsatz, dass die digitale Welt die gleichen Möglichkeiten bereithalten sollte wie die analoge Lebenswirklichkeit. Und hier ist unser Umgang miteinander vielschichtig. Ob Künstlername, Pseudonym, Ruf- oder Spitzname – die Möglichkeit der freien Wahl, unter welchem Namen auch immer mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, halte ich auch im Netz für immens wichtig. Und sei es nur Ausdruck von kreativer Schaffensfreude. Warum eigentlich sollte Bud Spencer – falls er denn Interesse an einem Google+ Profil hätte – dort unter seinem unbekannten echten Namen Carlo Pedersoli firmieren?

Noch wichtiger ist mir allerdings der freie Meinungsaustausch von Menschen, die sich auch im Internet sensiblen Themen zuwenden, welche sie auch in der Öffentlichkeit nur im engstem Kreis unter Vertrauten besprechen würden. Warum sollten beispielsweise Anonymen Alkoholikern im Netz das Recht abgesprochen werden, ihre Identität zu schützen? Oder aber Menschen davon abgehalten werden, in Hilfeforen unter Fantasienamen Rat zu suchen? Nicht jede Facette einer Persönlichkeit, nicht jede Rolle eines Menschen muss mit seinem Klarnamen in Verbindung gebracht werden. Das ist auch im Alltäglichen so.

Bei meinem Einsatz für das Recht auf freie Namensgebung in sozialen Netzwerken möchte ich aber auch nicht falsch verstanden werden: Menschen, die sich unter einem Pseudonym kriminell betätigen, kann im Netz wie auch in der analogen Welt rechtlich vorgegangen werden. Anonymität ist nicht gleich Pseudonymität. Wer unter einem Pseudonym agiert, kann immer noch identifiziert werden. Per se vorschreiben, welchen Namen die User wählen, ist meiner Meinung nach aber eine unnötige Einschränkung der Ausdrucksmöglichkeiten.

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